Herzklappenersatz bzw -rekonstruktion

Herzklappen weisen grob gesagt zwei mögliche Erkrankungsmuster auf: Von einer Klappenstenose spricht man, wenn die Klappenöffnung durch Verkalkungen oder narbige Zusammenziehungen zu eng geworden ist. Im Gegensatz hierzu versteht man unter einen Klappeninsuffizienz, dass sie durch eine allgemeine Klappengerüstdehnungoder aber durch kaputte Klappensegel oder -taschen undicht geworden sind und so nicht mehr ihre Funktion als „Ventil des Blutstroms“ ausüben können.

Die Auswahl des Operationsverfahrens richtet sich immer nach der vorliegenden Erkrankung, dem Alter und der Lebenserwartung des Patienten sowie nach seinen persönlichen Ansprüchen. Darüber hinaus müssen Begleiterkrankungen mitberücksichtigt werden, insbesondere eine vermehrte Blutungsneigung. Aortenklappenoperationen werden zumeist unter Zuhilfenahme der Herz-Lungen-Maschine und mittels medianer Sternotomie durchgeführt. Prinzipiell stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: der mechanische oder der biologische Herzklappenersatz. In den letzten Jahren werden auch immer mehr rekonstrutive Operationen in der Aortenklappenchirurgie (David oder Yacoub-Operation) angewendet. Hierbei wird auch ein Teil der Hauptschlagader (Aorta) durch eine Prothese ersetzt. Seit kurzer Zeit besteht auch die Möglichkeit Aortenklappenprothesen über einen Katheter und ohne Einsatz der Herz- Lungenmaschine zu implantieren.

Mechanischer Aortenklappenersatz

Eine mechanische Klappe besteht aus einem pyrolytischen Kohlenstoff. In ihrem Aufbau unterscheidet man Kippscheiben-Prothesen mit nur einer Scheibe und Zweiflügel-Prothese, mit jeweils zwei beweglichen Halbscheiben. Vorteil der mechanischen Klappen ist ihre nahezu uneingeschränkte Haltbarkeit, die eine Reoperation nur im Fall einer Infektion der Prothese, der Ausbildung eines Lecks oder einer Funktionbeeinträchtigung durch Blutgerinnselauflagerungen oder Narbengewebe notwendig macht. Der Nachteil liegt in der Notwendigkeit der postoperativensuffizienten Antikoagulation um eine Funktionsstörung zu verhindern. , Das bedeutet, dass alle Patienten lebenslang und regelmäßig Antikoagulanzien wie Marcumar® oder Coumadin® einnehmen müssen.

Biologischer Klappenersatz

Biologische Herzklappen werden entweder aus nativen Aortenklappen vom Schwein oder aus dem Perikard (Herzbeutel) von Rindern gefertigt. Spezielle Konservierungsverfahren sollen eine Kalzifizierung der Klappe verhindern und somit die Lebensdauer der Klappe verlängern. Vorteil dieses Klappentyps ist ihre gute Verträglichkeit, die eine postoperativ Blutverdünnung gar nicht oder nur für die ersten Wochen notwendig macht. Allerdings degenerieren ("altern") diese Klappen, dies kann nach 10 -15 Jahren zum völligen Funktionsverlust führen. Wir empfehlen diese Klappen daher Patienten ab einem Lebensalter von 70 Jahren. Hier geht dieser Verkalkungsprozess der Klappenprothese schon deutlich langsamer vonstatten, so dass die Gefahr einer erneuten Operation sehr gering ist. In besonderen Fällen führen wir den Aortenklappenersatz auch minimal-invasiv durch. Dies bedeutet, dass das Brustbein nur teilweise eröffnet wird und somit bei speziellen Risikopatienten die Gefahr einer Wundheilungsstörung reduziert wird.

Aortenklappenrekonstruktion

Bei einigen Patienten entsteht eine Aortenklappeninsuffizienz nicht durch einen Strukturverlust der Klappe selbst, sondern durch eine Aufweitung des Gefüges rundherum (Aortenbulbus, sinutubulärer Übergang). In diesen Fällen ist häufig eine Rekonstruktion der nativen Klappe möglich. Der Vorteil dieser Operationsverfahren liegt darin, dass keine dauerhafte Blutverdünnung erfolgen muss. Bei der Operation wird das gesamte krankhaft veränderte Aortengewebe entfernt und je nach Operationsverfahren eine Gefäßprothese über die skelettierte Aortenklappe gestülpt. Die Zehn-Jahresüberlebensraten werden weltweit mit 96 Prozent angegeben.

Bei Patienten mit einer kombinierten Erkrankung der Aortenklappe und der angrenzenden Aorta ascendens streben wir eine gleichzeitige operative Versorgung an. Hierfür hat sich die Implantation einer kombinierten Prothese (Conduit) aus einer mechanischen Klappenprothese mit angesetzter Aortenprothese etabliert (OP nach Bentall). Die Herzkranzgefäße müssen in diesem Fall ausgeschnitten und in die Prothese genäht werden, die Gefäßprothese wird am gesunden Anteil der Aorta mit dieser vereinigt. Bei der OP nach Wheat werden die Herzkranzgefäße belassen und nur der kranke Aortenanteil über den Herzkranzgefäßen ersetzt.

Minimal-invasive (kathetergeführte) Aortenklappenimplantation über die Herzspitze (TAVI)

Zur Behandlung der hochgradigen, verkalkten Aortenklappenstenose, d.h. der verengten Herzklappe zwischen linker Herzkammer und Hauptschlagader, ist der chirurgische Aortenklappenersatz mit Längseröffnung des Brustbeins und unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine nach wie vor die Therapie der Wahl. Bei Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose, bei denen das Standardverfahren technisch nicht durchführbar ist (z.B. bei Patienten mit Porzellanaorta), oder, bei denen aufgrund des hohen Alters (>80 Jahre) und Begleiterkrankungen von einem erheblich erhöhten Operationsrisiko auszugehen ist, steht neuerdings das kathetergeführte Klappenersatzverfahren zur Verfügung. Dabei wird eine Klappens-Tragende Stentprothese („Klappen-Stent“) mit einem wesentlich kleineren Eingriff in die Position der erkrankten Aortenklappe eingesetzt. Dieses neue Therapiekonzept wird in Deutschland seit 2005 eingesetzt. Die Patienten werden durch die Operation erheblich weniger belastet, und das Operationsrisiko kann deutlich reduziert werden.

Seit Dezember 2009 werden im Bundeswehrzentralkrankenhaus in enger Kooperation mit den Kardiologen des Hauses kathetergeführte Aortenklappenimplantationen über die Herzspitze erfolgreich durchgeführt. Hierbei wird zunächst die Spitze der linken Herzkammer über einen Schnitt unterhalb der linken Brust aufgesucht. Unter Durchleuchtungskontrollen wird dann eine Schleuse in die linke Herzkammer vorgeschoben. Nun erfolgt die Aufdehnung der verkalkten Aortenklappe mit einem Ballonkatheter. Anschließend wird die biologische Aortenklappenprothese (aus Rinderherzbeutel angefertigt) in Höhe der verkalkten Aortenklappe präzise positioniert und mittels eines weiteren Ballonkatheters entfaltet. Der unkomplizierte Eingriff dauert ca. 1h – 1 ½h.

Die bisherigen Ergebnisse der kathetergestützten Aortenklappenimplantation sind vielversprechend und kommen der zunehmenden Zahl an Aortenklappenstenosen bei älteren und multimorbiden Patienten entgegen. Allerdings können aufgrund der bisherigen Erfahrungen, die in relevanter Zahl maximal 5 Jahre umfassen, noch keine Aussagen zur (Langzeit-)Haltbarkeit der verwendeten Klappenprothesen getroffen werden.

Mitralklappenchirurgie

Auch bei der Mitralklappe bestimmt das Vorliegen der Erkrankung – Stenose oder Insuffizienz – die operativen Möglichkeiten. Eine Mitralklappenstenose lässt sich fast immer nur durch einen Klappenersatz versorgen, ist aber auch der seltener auftretende Klappenfehler. Die Insuffizienz hingegen kann häufig durch Rekonstruktion beseitigt werden. Dieses Verfahren wird schon seit vielen Jahren mit hervorragenden Ergebnissen durchgeführt.

Mitralklappenersatz

Wie bei dem Ersatz der Aortenklappe gibt es auch hier den mechanischen und den biologischen Klappenersatz. Der mechanische Klappenersatz macht eine dauerhafte Blutverdünnung, z.B. mit Marcumar®, notwendig, hält dafür unter normalen Bedingungen uneingeschränkt. Der biologische Ersatz mit einer aufgearbeiteten Klappe vom Schwein macht diese Blutverdünnung nicht notwendig, dafür unterliegen diese Klappen einer Alterung und haben somit eine Haltbarkeit von etwa zehn bis fünfzehn Jahren. Prinzipiell tritt bei Mitralklappenfehlern häufig durch eine Überdehnung des Herzmuskels eine Rhythmusstörung, das sogenannte Vorhofflimmern, auf. Dadurch ist ohnehin eine Blutverdünnung notwendig und der Vorteil einer biologischen Klappe entfällt.

Mitralklappenrekonstruktion

Zunehmendes Verständnis für den komplizierten Aufbau des Klappengerüstes und die Funktionsabläufe während der Klappenöffnung und des Klappenschlusses hatten zur Folge, einen Klappenersatz so oft wie möglich zu vermeiden und die Mitralklappe zu rekonstruieren. Entscheidender Vorteil der Rekonstruktion ist, dass auf eine lebenslängliche Blutverdünnung verzichtet werden kann und somit dadurch auftretende Komplikationen wie Blutungen oder thrombembolische Ereignisse (Gerinselbildung) reduziert werden.